Perspektive Generationen: Miteinander neue Lösungen finden
Mo 08.02.2021
Wie kann lernen künftig gehen?
Sich selbst organisieren, in digitales Lernen eintauchen und niemanden zurücklassen.
Nach mehreren Wochen Lockdown sind die meisten Schüler*innen wieder in ihre Klassen zurückgekehrt. Endlich. Klar ist, wer unterrichtet, lernt oder zu Hause unterstützt: Schule online ist ein enormer Mehraufwand. Nun dürfen die jungen Leute wieder ihrem Schulalltag nachgehen. Neue Regeln stehen auf der Tagesordnung, wie etwa das Desinfizieren der Hände oder das Abstandhalten von mindestens einem Meter. Unzweifelhaft ist, dass digitale Kompetenzen in Zukunft stärker in den Fokus rücken werden. Wir haben nachgefragt. Die jungen Leute und die Erwachsenenwelt berichten, wie sie die Zeit im Homeschooling erlebt haben.
Was hat ihnen Kopfzerbrechen bereitet und wo sehen sie Lösungen
für Herausforderungen, die durch das Online-Lernen entstanden sind?
Viktoria Ganahl, 14 Jahre
Walgau
Viktoria Ganahl, 14 Jahre
Walgau
Die größte Veränderung bei uns zu Hause ist, dass ich und meine kleine Schwester nicht mehr zur Schule gehen. Ich lerne in meinem Zimmer, teile mir meine Aufgaben selbst ein – habe aber nicht unbedingt weniger zu tun als sonst. Ich vermisse manchmal die Schule, meine Freunde und meinen Geigenunterricht, der nur noch sehr eingeschränkt stattfindet. Mir ist bewusst geworden, dass es Luxus ist, zur Schule gehen zu können.
weiterlesen
weniger anzeigen
Eldin Causevic, 15 Jahre
Bregenz
Eldin Causevic, 15 Jahre
Bregenz
Das E‑learning ist einfach eine große Herausforderung, weil das ganz neu für mich ist. Meiner Meinung nach geben auch die LehrerInnen mehr Aufgaben als davor. Wir müssen das alle noch lernen.
weiterlesen
weniger anzeigen
Marie Perterer, 15 Jahre
Bregenz
Marie Perterer, 15 Jahre
Bregenz
Ich werde das wohl nie wieder sagen, aber ich vermisse die Schule und meine Freunde. Der Onlineunterricht ist sehr herausfordernd, weil es viel schwerer ist, sich zu motivieren und an den Dingen dran zu bleiben. Die Umstellung auf digitalen Unterricht ist für einige Schüler*innen eine Hürde.Viele von uns können den Laptop der Eltern verwenden. Die, die aber die technische Ausrüstung zu Hause nicht haben, sind nicht erreichbar und verpassen den Unterricht. Das muss man lösen und die jungen Leute vor dem Durchfallen schützen.
weiterlesen
weniger anzeigen
Noelia, 13 Jahre
Graz
Noelia, 13 Jahre
Graz
Ich wollte zuerst immer alles gleich machen: wenn ich eine Hausaufgabe bekommen habe, habe ich sie immer direkt erledigt. Das ist am Anfang auch gut gegangen. Bloß als dann viele Hausaufgaben gleichzeitig waren, war ich einfach gestresst und habe angefangen, mir die Sachen einzuteilen. Wir hatten dann das Problem, dass ich die ganze Zeit über auf dem alten Computer arbeiten musste. Das ist leider nicht so gut gegangen, alles war immer so langsam.
weiterlesen
weniger anzeigen
Simon Canaval
Lehrer BORG Hegelgasse
Wien
Simon Canaval
Lehrer BORG Hegelgasse
Wien
Die Umstellung vom regulären Unterricht auf e‑learning birgt meiner Meinung nach Chancen und Risiken. Gerade SuS aus bildungsfernen, einkommensschwachen Familien sind im Moment kaum oder gar nicht erreichbar und fallen Woche für Woche weiter zurück. Am schwersten für mich als Lehrkraft ist via e‑learning den realen Lernfortschritt zu überprüfen. Was mich positiv stimmt sind die Stimmen der Schülerinnen, die die Schule vermissen und die sich schon wieder auf einen regulären Schulbetrieb und das soziale Miteinander freuen.
weiterlesen
weniger anzeigen
Susanne Himmelbauer
Lehrerin AHS Kenyongasse
Wien
Susanne Himmelbauer
Lehrerin AHS Kenyongasse
Wien
In der Phase des „Homeschooling“ ist mir besonders klar geworden, wie wichtig für mich als Pädagogin der direkte Kontakt und das gemeinsame Arbeiten in der Schule ist. Was ich beim Erstellen und Korrigieren der Aufgaben am Bildschirm und auch beim virtuellen Zusammentreffen mit meinen Schüler*innen am meisten vermisse, ist das unmittelbare und direkte Feedback. An der Haltung, am Blick, lässt sich kontinuierlich Über- oder Unterforderung, Langeweile, Energielosigkeit genauso wie Lust, Verstehen und Motivation ablesen.
weiterlesen
weniger anzeigen
Für über zwei Monate wurde der gesamte Unterricht in die virtuelle Welt verlagert. Den jungen Leuten entfällt die Schule als Lern‑, Austausch– und Lebensraum. Von ihnen wird Eigenständigkeit und Selbstorganisation gefordert. Sorge bereitet vielen: wenn Schüler*innen über lange Zeit nicht mehr erreichbar sind. Die Lernfortschritte können nicht mehr richtig überprüft werden und das persönliche Feedback bleibt aus.
Perspektive gewinnen: Was wissen wir?
Im Gespräch mit der Bildungspsychologin, Frau Prof. Dr. Spiel
1. Welche Auswirkungen hat Homeschooling auf die jungen Leute? Welche Hürden werden sichtbar? Welche Chancen tun sich auf?
2. Welche Maßnahmen sollten sofort umgesetzt werden, um auf eine weitere Phase des Online-Lernens gut vorbereitet zu sein?
3. War die Wiedereröffnung der Schulen, kurz vor den Sommerferien, eine gute Entscheidung?
4. Schüler*innen, die während der Corona-Zeit zurückgefallen sind: Wie können sie konkret unterstützt werden?
Was die Medien dazu sagen
Erkenntnisse
Deutlich wird: Wir müssen uns weiterhin an Regeln wie an den Mindestabstand halten. Warum? Um sich selbst und die Menschen im Umfeld zu schützen. Deshalb gelten auch jetzt noch strengere Auflagen an den Schulen. Der Schichtbetrieb an den Schulen wird eingeführt.
Die Krise zeigt, dass junge Leute in ihrer Selbstorganisation, im regulären Schulbetrieb schon, unterstützt werden müssen. Wichtig ist auch, dass digitale Fähigkeiten der Beteiligten gestärkt werden.
Es steht außer Frage: die Schule bleibt unersetzbar. Sie gibt Raum für Struktur, Teamarbeit und direkte Resonanz.
Auf der Suche nach Lösungen
Nun müssen Wege gefunden werden, wie wir über einen längeren Zeitraum hinweg gut mit dem Virus leben können. Das betrifft auch die Schule und die Art des Lernens. Junge Leute erzählen was sie bei einem weiteren Mal Homeschooling verändern würden und auch die Erwachsenenwelt hält einige Lösungen bereit.
Julia Domig, 14 Jahre
Walgau
Julia Domig, 14 Jahre
Walgau
Wenn Homeschooling wieder notwendig wäre, dann sollte von Anfang an die Möglichkeit bestehen, einen Laptop der Schule auszuleihen um den Onlineunterricht abzuhalten. Wenn das gut vorbereitet ist, dann funktioniert es eigentlich ziemlich gut.
weiterlesen
weniger anzeigen
Lene Gruber, 11 Jahre
Bregenz
Lene Gruber, 11 Jahre
Bregenz
Also eigentlich sollten wir den Lehrer*innen, wenn wir wieder mal Zuhause sind, unsere Mathebücher und Hefte schicken können, damit sie sie dann kontrollieren können, damit nicht alles online stattfinden muss.
weiterlesen
weniger anzeigen
Paulina Fraisl, 11 Jahre
Walgau
Paulina Fraisl, 11 Jahre
Walgau
Was mich persönlich etwas gestört hat, war, dass man unzählige Blätter ausdrucken musste, einscannen und wieder verschicken. Danach landeten sie im Müll.
Die Lehrer sollten uns Schülern Lernpakete gesammelt schicken und einen Abgabetermin vereinbaren, sodass wir uns die Zeit gut einteilen können. Die Online Stunden würde ich mir in regelmäßigen Abständen vorstellen.
Auch wäre toll, wenn Schulen hier zusammen arbeiten würden, um das Homeschooling zu vereinfachen. Zum Beispiel einheitliche Plattformen für alle. Das ist nicht so verwirrend.
weiterlesen
weniger anzeigen
Noelia, 13 Jahre
Graz
Noelia, 13 Jahre
Graz
Normalerweise gehe ich zur Stunde hin und dann haben wir dort den Unterricht. Und jetzt, daheim, hat mir niemand gesagt: „Du musst jetzt das machen“. Ich glaube, ich brauche mehr den Druck von außen. Ich hab probiert, mich selber aufzuraffen für solche Sachen. Ich glaube, das hat sich bei mir in der Coronakrise gebessert.
weiterlesen
weniger anzeigen
Christian Höpperger
Direktor NMS Mittelweiherburg
Hard
Christian Höpperger
Direktor NMS Mittelweiherburg
Hard
Wollen wir künftig das Thema Homeschooling im regulären Unterricht nutzen, dann müssen wir gewährleisten, dass alle Kinder die Vorsetzungen haben. Dann sind Land und Bund auch zuständig, dass Kinder funktionierende Geräte verfügbar haben. Die Form des Lernens ist eine völlig andere in diesem Bereich.
Das heißt auch: An den Schulen muss das selbstorganisierende Lernen viel stärker in den Fokus rücken. Wenn Kinder das nicht gelernt haben, dann schaffen sie das zu Hause nicht.
weiterlesen
weniger anzeigen
Susanne Himmelbauer
Lehrerin AHS Kenyongasse
Wien
Susanne Himmelbauer
Lehrerin AHS Kenyongasse
Wien
Wir müssen auch sicherstellen, dass Kinder eigenverantwortliches Lernen IN der Schule lernen, dass in unseren Schulen die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler*innen ebenso wichtig ist wie die Vermittlung des Stoffs und Schüler*innen von uns Lehrenden als Personen in ihrer gesamten Lebenswirklichkeit wahrgenommen werden. So können wir dafür sorgen, dass unsere Schüler*innen sich selbst motivieren können. Sie sollen lernen, dass Lernen ihre ganz persönliche Zukunft entscheidend prägt.
weiterlesen
weniger anzeigen
Welche Schritte sind dafür notwendig?
Lösungen
Eine technische Ausstattung, der darauf angewiesenen Schüler*innen, sollte von der Schule, Bund und Land bereit gestellt werden.
Im Austausch zwischen jungen Leuten und Pädagog*innen sollten die Online-Programme für die Schulen verbessert werden. Dabei können sich benutzerfreundliche und für alle verständliche Formate entwickeln. Gemeinsam mit IT Expert*innen könnte man alle Anliegen gemeinsam umsetzen.
Eine Begleitung der jungen Leute hin zum selbstorganisierten Lernen ist unumgänglich. Schüler*innen, die leichter für die Schule lernen, können diejenigen unterstützen, denen es schwieriger fällt. Die Zusammenarbeit von Schüler*innen ermöglicht den Pädagog*innen den Fokus auf einzelne Schüler*innen.