Allgemein
Di 22.06.2021
Steht auf
gegen Rassismus
Ein Beitrag von
Aaron Mafitabar, Amani Siddig, Hannah Dunkler und Linda Molnar
Der 21. März wurde vor über 50 Jahren von der UNO zum Internationalen Tag gegen Rassismus erklärt. Weltweite Organisationen, Vereine wie auch bestimmte Gruppen nehmen diesen Monat als Anlass, um die Bevölkerung gegen Rassismus zu aktivieren. Auch wir jungen Leute wollen darauf aufmerksam machen, dass Rassismus immer noch im Alltag erlebt wird. Sei es in öffentlichen Verkehrsmitteln, in der Schule, am Arbeitsplatz oder im öffentlichen Raum. Wir wollten wissen: Haben Menschen aus unserem Umfeld selbst schon Rassismus erfahren? Wie sind sie damit umgegangen? Was kann man generell dagegen tun? Die Ansichten der unterschiedlichen Generationen machen deutlich: Das Thema ist noch längst nicht vom Tisch! Ebenfalls konnten wir gute Lösungsvorschläge einholen, wie man gegen rassistische Diskriminierung vorgehen kann.
Wir sind uns einig: Wir Menschen sind uns alle ähnlicher als wir denken!
Sichtweisen der Generationen.
Aaron
16 Jahre
Wien
Aaron
16 Jahre
Wien
Was denkst du dir in Bezug auf das Thema Rassismus?
Früher habe ich mir nichts dabei gedacht, wenn ich die Haare einer schwarzen Schulkollegin angriffen habe. Jedoch weiß ich heute, dass dies falsch ist und streng genommen auch als rassistisch bewerten werden kann, obwohl dies niemals beabsichtigt war. Mir ist bewusst, dass wir Menschen uns durch unsere unterschiedliche Individualität unterscheiden. Allerdings zeichnet uns aus, dass wir alle Menschen sind! Vielleicht schaffen wir es endlich nicht unsere Lebensweise als “die vollkommenste” zu sehen und dafür mit und voneinander zu lernen.
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Hannah
14 Jahre
Wien
Hannah
14 Jahre
Wien
Was denkst du dir in Bezug auf das Thema Rassismus?
Menschen aufklären, sich mit dem Thema beschäftigen und aufstehen, wenn man rassistische Situationen mitbekommt, sind für mich wichtige Lösungsvorschläge. Ich weiß mittlerweile, dass Rassismus jeden betreffen kann. Oft sind Minderheiten betroffen, die sich in den Regionen auf der Welt unterscheiden. Das bedeutet, dass auch hellhäutige Menschen betroffen sein können. Dennoch betrifft es in vielen Ländern der Welt vor allem dunkelhäutige Menschen. Wichtig ist zu erkennen, dass Rassismus tief verwurzelt ist und noch immer existiert und oftmals unbewusst geschieht.
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Linda
14 Jahre
Wien
Linda
14 Jahre
Wien
Was denkst du dir in Bezug auf das Thema Rassismus?
Mir ist es sehr wichtig, anderen Leuten klar zu machen, dass wir in einer Zeit leben, in der Rassismus nicht üblich ist und absolut vermieden werden sollte. Ich verstehe nicht, warum man andere Leute in “Rassen” einteilt und diejenigen, zu denen man nicht gehört, so verurteilen kann. Ich würde auch gerne verstehen: Warum diskriminiert man Leute? Ich finde es wichtig, die Meinung zu sagen und für die anderen Menschen einzustehen. Außerdem sollte man die Leute über Rassismus aufklären und darüber reden, wenn man die Chance dazu hat.
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Amani
14 Jahre
Wien
Amani
14 Jahre
Wien
Was kann man gegen Rassismus tun?
Was ich besonders wichtig finde ist, dass man die Leute aufklärt und sich auch mal mit dem Thema beschäftigt, da Rassismus auch heute noch eine sehr große Rolle spielt. Wenn man Diskriminierung gegenüber Leuten, aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Religion mitbekommt, muss man unbedingt einschreiten und etwas dagegen tun und nicht nur zusehen. Wenn man etwas gegen Rassismus tun will, muss man handeln.
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junger Mann
13 Jahre
Wien
junger Mann
13 Jahre
Wien
Hast du schon mal Rassismus miterlebt?
Ja, schon. Es kam nicht zu schlimmen Übergriffen, aber Diskriminierung gegenüber Leuten mit anderer Hautfarbe, einer anderen Herkunft oder Religion schon öfters. Auch ich wurde schon aufgrund meiner Hautfarbe diskriminiert: Wenn ich zum Beispiel in ein Altersheim gehe, schauen mich Leute aufgrund meiner Hautfarbe oft komisch an. Es fühlt sich abwertend an.
Was könnte man dagegen tun?
Ich weiß nicht, was man dagegen tun könnte, weil man solche Einstellungen nur schwer ändern kann. Vielleicht kann man seine Kinder schon von klein auf über Rassismus aufklären. Am Besten man fängt schon im Kindergarten damit an. Ich persönlich finde es sehr wichtig, Leute darüber aufzuklären.
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Nina
12 Jahre
Wien
Nina
12 Jahre
Wien
Hast du Rassismus schon mal erlebt? Wie?
Nein, habe ich nicht. Ich bin Russin und lebe in Russland. Und Russen sind aus meiner Sicht sehr höflich. Ich persönlich habe in Russland noch keine rassistischen Handlungen miterlebt.
Was ist Rassismus für dich?
Rassismus ist eine soziale Voreingenommenheit gegenüber einer „Rasse“. Die Person wird nicht als gleichwertig betrachtet.
Wie würdest du Rassismus beschreiben?
Diese Einstellung verbinde ich nur mit schlechten Gefühlen. Es ist ein so schwieriges Gefühl für mich, weil ich nicht verstehe warum Menschen andere Menschen nicht akzeptieren.
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Antonia
14 Jahre
Wien
Antonia
14 Jahre
Wien
Was bedeutet Rassismus für dich?
Rassismus bedeutet für mich, wenn Menschen beispielsweise wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Religion oder ihrer Herkunft diskriminiert werden, da sie aufgrund optischer Merkmale “anders” aussehen. Beispielsweise habe ich einen Artikel gelesen, in dem stand, dass Lehrer:innen ihre Schüler:innen aufgrund der Hautfarbe rassistisch behandelten. Sie wurden benachteiligt und bekamen schlechtere Noten. Ich bin der Meinung, dass es auf einer Schule keinen Rassismus geben darf! Jede:r Schüler:in muss gleich behandelt werden!
Was kann man gegen Rassismus tun?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, um gegen Rassismus vorzugehen: Im Alltag sollten rassistische Vorfälle beispielsweise nicht einfach ignoriert werden. Sondern man sollte sich auf die Seite des Opfers stellen und ihn oder sie verteidigen. Wichtig wäre es auch, die Menschen, die nichts vom heutigen Rassismus mitbekommen, aufzuklären. Ihnen sollte erklärt werden, dass es immer noch Menschen gibt, die heutzutage rassistisch beleidigt werden. Dadurch könnte man einen weiteren Schritt gegen Rassismus setzen!
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Fabian Dunkler
27 Jahre
Wien
Fabian Dunkler
27 Jahre
Wien
Hast du selbst schon Rassismus miterlebt?
Ja, in meiner Wohngemeinschaft hat ein Bekannter anstelle von „Schwarzer“ das N‑Wort für einen Schauspieler im Fernseher verwendet. Aber ich kenne eigentlich nicht viele, die von Rassismus betroffen sind.
Was kann man gegen Rassismus tun?
Ich finde, dass in jungen Jahren mehr Aufklärung betrieben werden sollte. Dem Thema muss einfach mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Genauso wichtig ist es darüber nachzudenken, auch wenn es immer Menschen geben wird, die rassistisch sind.
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Elsadig
55 Jahre
Wien
Elsadig
55 Jahre
Wien
Hast du schon Erfahrungen mit Rassismus?
Ja, ich bin Rassismus schon oft begegnet, auch im Alltag. Auch im Berufsleben spielt Rassismus eine große Rolle. Beispielsweise haben Leute, als ich noch Taxifahrer war, aufgrund meiner Hautfarbe ein anderes Auto ausgesucht. In der Zeit vor der Digitalisierung, waren sogar Job- und Wohnungsinserate „nur für Inländer:innen“ inseriert. Ich selbst habe in Telefonaten miterlebt, dass ich aufgrund meiner Aussprache als “Ausländer” abgestempelt wurde. Mögliche Vermieter:innen sagten dann: Nur für „Inländer:innen“ und legten auf. Ich habe auch erlebt, wie mich Firmen abgelehnt haben. Die Begründung dafür: Sie hatten Angst, dass sie durch mich Kunden verlieren würden. Aber nicht nur in solchen Situationen, auch im Alltag trifft man ständig auf Rassismus. Egal ob in den öffentlichen Verkehrsmitteln, in Lokalen oder in jungen Jahren in Discos. Rassismus ist aber gar nicht immer direkt adressiert, heute gibt es vor allem vermehrt versteckten Rassismus. Rassismus hat viele Facetten.
Wie hast du gehandelt ?
In den Momenten, in denen du Diskriminierung ausgesetzt bist, kannst du nicht wirklich etwas tun bzw. oftmals weiß man einfach auch gar nicht was man dagegen machen kann.
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Hamid
58 Jahre
Wien
Hamid
58 Jahre
Wien
Hast du Rassismus schon einmal miterlebt? Wenn ja, wie hast du gehandelt?
Ja, ich habe schon einmal Rassismus miterlebt: Als ich vor langer Zeit in Los Angeles war, ging ich mit meinem Freund spazieren. Auf der Straße befanden sich dunkelhäutige Jugendliche, die laut waren. Mein Freund machte daraufhin eine rassistische Bemerkung und sagte, dass dunkelhäutige Menschen oft aufdringlich und laut sind. Ich redete mit ihm darüber und erklärte ihm, dass Jugendliche laut sein können und dürfen und deren Benehmen nichts mit der Hautfarbe oder Ähnlichem zu tun hat!
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Alois Dunkler
60 Jahre
Wien
Alois Dunkler
60 Jahre
Wien
Was bedeutet für dich Rassismus? Wie kann man dagegen ankämpfen?
Für mich bedeutet Rassismus die unerträgliche Spaltung der Rassen, welche kein Thema mehr sein sollte. Um gegen Rassismus ankämpfen zu können, sind Aufklärung und Gespräche sehr wichtig. Auch in den Schulen wären diese Punkte bedeutend. Ich selbst war Lehrer in einer Schule, wo es einen großen Anteil von Migrant:innen gab.
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Margaretha
82 Jahre
Wien
Margaretha
82 Jahre
Wien
Was bedeutet Rassismus für dich?
Für mich ist Rassismus etwas ganz Unfaires und Unmenschliches. Ich habe den zweiten Weltkrieg miterlebt und dadurch schon als kleines Kind viel Rassismus, insbesondere gegen Roma, mitbekommen. Momentan flammt das Thema wieder stark auf. Leider beobachtet man rassistische Handlungen auch öfters im Alltag. Es tut mir weh, mitansehen zu müssen, dass Leute aufgrund ihrer Hautfarbe oder Herkunft benachteiligt und diskriminiert werden.
Rassismus wird meist und oft in der Familie weitergegeben. Nicht immer ganz offensichtlich und vielleicht auch nur indirekt. Aber bestimmte Haltungen, Ausdrücke und Einstellungen werden den Kindern mitgegeben und dadurch teilweise weitergetragen. Die Erziehung spielt bei diesem Thema eine entscheidende Rolle und wäre die Grundlage dafür, um Rassismus in der Gesellschaft zu beenden.
Was könnte man dagegen tun?
Man könnte viel dagegen tun. Beispielsweise sollten Leute sofort einschreiten und etwas dagegen machen, wenn sie rassistische Äußerungen mitbekommen.
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Perspektive gewinnen, was wissen wir?
Rassismus bedeutet, wenn Menschen beispielsweise aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer Religion, oder ihrer Herkunft diskriminiert werden. Manche unserer Interviewpartner:innen haben selbst schon rassistische Diskriminierung erfahren. Der Ausschluss aufgrund der Hautfarbe oder des Namens kann sehr verletzend sein. Auch in den Schulen kann es zu rassistischen Vorfällen gegenüber Schüler:innen kommen. Was hilft dagegen? Viele Interviewpartner:innen sind der Meinung: Aufklärende Gespräche und Diskussionen über Rassismus sind von Kind auf bedeutend, auch in den Schulen sollte das Thema im Unterricht behandelt werden. Das ist jedoch bei einem solch ernstzunehmenden Thema nicht genug: Aktiv werden und gegen Rassismus aufstehen, empfinden viele Interviewpartner:innen als absolute Notwendigkeit!
Dazu holen wir uns die Meinung eines Expertens ein, der selber schon rassistischer Diskriminierung ausgesetzt war.
Experteninterview mit Mostafa Noori
Freizeitpädagoge mit Fluchterfahrung
Wir durften mit Mostafa Noori, 25 Jahre alt, in Austausch gehen. Herr Noori ist als Freizeitpädagoge im Bereich Kinder- und Jugendarbeit in Wien tätig. Ebenfalls arbeitet er bei der Asylkoordination in Wien. Seit 2015 begleitet er dort die Schul-Workshops zum Thema Flucht & Asyl. Mit diesen soll das Bewusstsein für die Situation von geflüchteten Menschen verstärkt werden.
Herr Noori kommt ursprünglich aus Afghanistan, verbrachte einige Zeit im Iran und lebt seit 2013 in Wien. Nach Österreich ist er als unbegleiteter, minderjähriger Flüchtling gekommen. 3 Jahre später hat er einen positiven Asylbescheid erhalten und ist seither als anerkannter Geflüchteter in fast allen Lebensbereichen gleichgestellt mit österreichischen Staatsbürger:innen. Wählen darf er allerdings nicht.
Mostafa Noori
25 Jahre
Wien
Mostafa Noori
25 Jahre
Wien
Amani: Haben Sie Tipps für junge Leute sich gegen Rassismus einzusetzen?
MN: Das ist eine sehr umfangreiche und schwierige Frage. Klar ist: Man kann in jedem Bereich aktiv werden. Wichtig ist es, nicht zu schweigen, sondern seine Stimme zu erheben, wenn man rassistische Diskriminierung miterlebt. Laut zu werden und die Betroffenen zu unterstützen, ist von großer Bedeutung. Denn die betroffenen Personen trauen sich oftmals gar nicht, sich zu wehren. Das verlangt viel Mut und vor allem Solidarität von den anderen: Es ist hilfreich, wenn Personen aus dem Umfeld aufstehen und sich dezidiert äußern: „Das ist falsch.“ Dadurch wird auch die Person, die es betrifft, ermutigt sich zu wehren. Auch im öffentlichen Raum, im schulischen Kontext oder im Freundeskreis können Zeichen gesetzt werden. In all diesen Bereichen können alltägliche Dialoge zum Thema helfen. Ein Beispiel dafür: Sich konkret äußern und sagen: „Dein Satz war gerade nicht politisch korrekt und kann andere Menschen verletzen.“ Wir Menschen können einander auf solche Aussagen und Denkweisen aufmerksam machen. Denn Diskriminierung kann sehr verletzend sein, vor allem im Schulunterricht. Noch einmal: Ihr jungen Leute müsst aktiv bleiben und dürft euch auf keinen Fall den Mut nehmen lassen. Die Zukunft gehört uns jungen Menschen. Unsere Gesellschaft wird immer bunter und vielfältiger. Somit bin ich der Überzeugung, dass das Problem der rassistischen Diskriminierung in fünfzig Jahren nicht mehr vorhanden sein wird. Es liegt an uns gemeinsam, eine neue Welt zu erschaffen.
Aaron: Liegt Ihnen sonst noch etwas auf dem Herzen, dass Sie mit uns teilen möchten?
MN: Es ist wichtig zu wissen, dass auch versteckte Rassismen existieren: Das bedeutet, dass diese nicht an offensichtlichen Merkmalen wie etwa der Hautfarbe oder der Haare festgemacht werden. Deshalb ist es umso bedeutender eine Gesellschaft gut zu kennen, um auch die versteckten Formen von rassistischer Diskriminierung zu begreifen. So diskriminieren nicht immer Hellhäutige, dunkelhäutige Menschen. Auch die Minderheiten untereinander haben teilweise Probleme und diese müssen angesprochen werden. In Österreich muss auch die rassistische Diskriminierung zum Thema gemacht werden, die es innerhalb der einzelnen (Volks-)Gruppen gibt. Auch hier ist es unumgänglich, sich mit den Ausprägungen des Rassismus‘ auseinanderzusetzen, um sie zu verstehen. Das gilt beispielsweise für die kurdische Minderheit in Österreich, die häufig Diskriminierung ausgesetzt ist und Unterstützung braucht. Speziell in der Schule und im Unterricht.
Ein weiteres Beispiel für Diskriminierung: Es gibt Menschen aus der österreichischen Mehrheitsgesellschaft, die behaupten, dass Geflüchtete nach Österreich kommen und für die Hilfe, die sie erhalten, nicht dankbar sind. Wenn ich jedoch mit den Menschen, die solche Behauptungen aufstellen, in den Dialog gehe, merke ich, dass sie selbst noch nie in Kontakt mit einem geflüchteten Menschen waren. Sie sind medial negativ beeinflusst. Ein gemeinsames Gespräch kann Augen öffnen: Schon viele haben aufgrund einer gemeinsamen Diskussion realisiert, dass sie ihre Meinung über Geflüchtete überdenken müssen. Wieder wird ersichtlich: Menschen müssen stets miteinander reden. Dann können sie Argumente und Gegenargumente austauschen und Neues erfahren.
Hannah: Oftmals höre ich, dass Rassismus in Österreich — im Vergleich zu anderen Ländern — nicht so präsent ist. Aber mich würde interessieren, welche persönlichen Erfahrungen Sie in Österreich mit Rassismus gemacht haben?
MN: Dieser Meinung kann ich zustimmen. In alltäglichen Situationen habe ich in anderen Ländern Rassismus viel intensiver wahrgenommen. Aus persönlicher Erfahrung gesprochen: In Österreich tritt eine andere Form des Rassismus‘ zu Tage, nämlich der Hass im Internet. Manchmal lese ich ganz furchtbar diskriminierende und rassistische Kommentare im Internet. Ich gebe euch ein persönliches Beispiel: Vor einigen Jahren habe ich Interviews zum Thema „Flucht & Integration und das Leben in Österreich“ für österreichische Printmedien gegeben. Die Leserschaft des jeweiligen Mediums konnte anschließend die Artikel online lesen und kommentieren. Teilweise standen sehr verletzende Kommentare darunter. Das löste bei mir großes Unverständnis und Traurigkeit aus, weil die Gespräche eigentlich vom „Ankommen in Österreich“ handelten. Einige Menschen haben mir über das Internet sogar Todeswünsche geschickt und meine Familie verbal beleidigt. Das war eine furchtbare Zeit für mich. Die Kommentare haben mich sehr verletzt. Ein Problem ist hierbei, dass die Menschen im Internet anonym schreiben und die hinterlassenen Kommentare können nur schwer zurückverfolgt werden. Das war dann auch der Grund, warum ich aufgehört habe, den Medien Interviews zu geben.
Bezüglich Wohnungssuche möchte ich euch noch etwas erzählen. Mein Name, Mostafa Noori, reichte oftmals aus, damit mich andere spüren ließen: Okay, du musst wohl „ein muslimischer Eseltreiber“ sein. Es war für mich sehr schwierig, eine Wohnung zu finden. Am Ende lief es darauf hinaus, dass ein Freund von mir eine Eigentumswohnung kaufte, in der ich jetzt auch wohnen kann. Auch im Bereich der Arbeitssuche spielte der Name eine große Rolle.
Was ich damit sagen möchte: Im Bereich der Wohnungs- und Jobsuche merkt man den versteckten Rassismus stark. Sehr häufig wurden mir Fragen gestellt, inwiefern ich die Sprache beherrsche oder ob ich mich gut integriert habe. Ein positiver Effekt ist möglicherweise – versteckter Rassismus kann die Betroffenen kreativ machen.
Linda: Es gibt ja viele rassistische Begriffe: Wurden Sie schon einmal mit rassistisch beschimpft?
MN: Ich persönlich wurde schon viele Male aufgrund meiner Herkunft diskriminiert. Nicht aber aufgrund meiner Hautfarbe. Das liegt vermutlich daran, dass ich eher hellhäutig bin. Besonders im Iran wurde ich aufgrund meiner afghanischen Herkunft diskriminiert. Manchmal auch in Österreich, wobei hier vielmehr der islamische Hintergrund eine Rolle spielt(e).
Ich bin zwar Atheist, aber mein Name ist ja Mostafa und das war oftmals Grund genug, mich als „Scheiß Moslem“ zu beschimpfen. Beispielsweise hat mich meine Wirtschaftsprofessorin an der HAK drei Semester lang immer Mohammed genannt. Das habe ich ebenso als diskriminierend empfunden. Sie wollte sich meinen Namen offensichtlich einfach nicht merken.
Hannah: Empfindest du es auch so, dass Menschen, vor allem in unserem Alter, sehr locker mit der Sprache umgehen und beispielsweise auch das N‑Wort verwenden? Ich persönlich verstehe aber nicht, warum man es überhaupt verwenden sollte. Es gibt keinen Grund dafür. Findest du auch, dass man damit vorsichtiger umgehen sollte, oder findest du, dass es „wichtigere Probleme“ gibt?
MN: Ich vertrete zu 100 Prozent die Ansicht, dass mit solchen Wörtern vorsichtiger umgegangen werden muss. Denn auch ungewollt können diese sehr verletzend sein. Betroffene Menschen sagen möglicherweise, dass für sie die Verwendung solcher Begriffe kein Problem sind. Dennoch gibt es genug Situationen, in denen sie sich verletzt fühlen. Meiner Meinung nach haben wir solch ein Sprachgebrauch Anfang der 2000er weniger gehabt als gegenwärtig. Im Deutschrap wurden nicht so viele Begriffe wie etwa Ehrenwörter genutzt. Mittlerweile werden Begriffe wie Ehrenmann oder ehrenlos häufiger verwendet. Dasselbe gilt für N‑Wörter. Leider hat die „neue“ Generation teilweise fragliche Vorbilder, aber auch das kann nicht verallgemeinert werden.
Bezogen auf diese Debatte fallen mir immer wieder die Worte meines Vaters ein, der zu sagen pflegte: “Lass dir ein Wort drei Mal durch den Kopf gehen und wende es erst dann an.” oder “Schmecke dein Wort, wenn es gut schmeckt, dann sag es in die Welt hinaus.” In der persischen Sprache gibt es sehr viele Gedichte über die Art und Weise wie Sprache verwendet werden sollte. Sprechen empfinde ich als Kunst. Worte müssen gut und mit Bedacht gewählt sein, sonst könnte das Umfeld damit verletzt werden. Ich finde mit anderen Menschen mit Respekt zu sprechen kann auch cool sein. So setzte ich mich viel mit jungen Leuten über ihre Sprache auseinander. Ich möchte sie verstehen und in „ihren Schuhen gehen“, damit wir gemeinsam einen anderen Weg ebnen können. Unabdingbar für mich ist es deshalb den Deutschrap zu hören, welchen ihr jungen Leute anhört, die sozialen Medien zu verwenden, die ihr jungen Leute verwendet. Damit ich mich auskenne und ich Gespräche mit den jungen Leuten führen kann. Wer sich nicht auskennt, kann den heutigen Jugendlichen nichts beibringen oder mit ihnen in den Dialog gehen, um Lösungen zu diskutieren.
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Kinder bringen es auf den Punkt.
Es gibt 1.000 Antworten auf die Flüchtlingsfrage. Die einzig wahre liefert ein 4‑Jähriger! (HipHop.de)
Für uns ist es sonnenklar: Biologisch gesehen gibt es keine Rassen, darüber ist sich heutzutage auch die Wissenschaft einig. Ursprünglich kann der Rassismus auf die Kolonialisierung Afrikas und Südamerikas zurückgeführt werden. Weiße Europäer drangen in neue Länder vor und benötigten Menschen zur Ausbeutung der Rohstoffe in den eroberten Gebieten. So wurden jahrhundertelang Menschen versklavt, die unter den widrigsten Umständen leben und arbeiten mussten. Der Gedanke, dass weiße Europäer:innen überlegen sind, berechtigte ihre Vorgehensweise und verfestigte sich in den Köpfen. Die Idee, dass bestimmte Menschen aufgrund “ihrer Rasse” etwas Besseres seien als andere, fand seinen Höhepunkt ganz besonders in der grausamen Vernichtungspolitik des NS-Regimes.
Mittlerweile ist es unumstritten: Menschen in Rassen zu unterteilen ist falsch und basiert auf keiner wissenschaftlichen Grundlage. Dennoch wissen wir und haben durch die Meinungen der Generationen erfahren: Rassistische Diskriminierung kommt auch noch heute in unterschiedlichster Gestalt vor! Generell ist es wichtig nicht zu vergessen, dass Rassismus auch gegenüber hellhäutigen Menschen vorkommen kann. Ein Beispiel: Auch Minderheiten können Rassismus ausgesetzt sein, weil sie einer bestimmten (Volks-)Gruppe angehören.
Umso mehr müssen wir jungen Leute uns gegen Rassismus bekennen!
Lösungsansätze entwickeln und sichtbar machen.
Was können wir selbst tun?
Angeregt haben wir uns beim Walking&Talking darüber ausgetauscht, welche Möglichkeiten es gibt, sich gegen Rassismus einzubringen. Durch das Einholen der unterschiedlichen Ansichten und der Expertenmeinung wurden uns Lösungsansätze nochmals klar vor Augen geführt.
- Information und Aufklärung: Schon in den frühen Jahren, zB im Kindergarten, sollte man mit den Kindern beginnen Rassismus zu thematisieren und aufzuklären, dass wir Menschen alle gleich sind und die gleichen Rechte besitzen. Je früher man damit beginnt, umso weniger werden rassistische Handlungen von Kindern und Jugendlichen übernommen.
- Nicht wegsehen! Menschen, die nicht von rassistischer Diskriminierung betroffen sind, müssen für Betroffene einstehen. Junge Leute sollen das Thema mit engen Bezugspersonen diskutieren können. Beispielsweise in der Schule mit dem Klassenvorstand oder mit der psychologischen Pädagogin. Sie können nachfragen, ob Rassismus stärker im Unterricht behandelt werden kann.
- Die Stimme erheben, nicht schweigen und den Dialog suchen. Mit den Eltern und dem nahestehenden Umfeld, wie etwa dem Freundeskreis, darüber sprechen und sich austauschen. Gut fundierte Argumente unterstützen die jungen Leute in der Diskussion gegen Rassismus. Ein gutes Beispiel: Rassismus passiert nicht nur gegenüber dunkelhäutiger Menschen.
- Junge Leute können soziale Medien, wie etwa Instagram, nutzen, um gut recherchierte Links zu Kampagnen und wichtigen Artikeln zu posten, die auf rassistische Handlungen aufmerksam machen oder eine Anleitung geben, was dagegen getan werden kann.
- Workshops mit Fachexpert:innen in der Schule wie etwa mit Mitarbeiter:innen vom Verein ZARA, machen das Thema für junge Leute greifbarer.
- Allgemein gilt in allen Lebenssituationen: Die Stimme erheben, wenn rassistische Handlungen miterlebt werden, ob beispielsweise im Alltag oder in der Schule. Grundsätzlich ist es wichtig: Nicht einschreiten, wenn die Situation zu gefährlich erscheint. Dann lieber einen Erwachsenen oder die Polizei zu Hilfe holen.
- Aufstehen und aktiv sein! Junge Leute können laut werden und demonstrieren. Sie können auf die Straße gehen und sich friedlich — aber auch mal aus vollem Halse für Gleichberechtigungen von allen Menschen und Gruppen stark machen.
Unterstützung holen.
Anlaufstellen für Betroffene und Menschen, die rassistische Diskriminierung miterleben
ZARA
Die österreichische Beratungsstelle ZARA, wurde 1999 gegründet, um jegliche Arten von Rassismus zu bekämpfen. Menschen, die Rassismus erleben können sich an den Verein wenden. Der Verein setzt sich außerdem gegen Hass im Netz ein. Sie beraten diejenigen, welche von rassistischen Vorfällen betroffen sind!
Sollte jemanden Rassismus im öffentlichen oder privaten Raum aufgefallen sein, kann man auf der Website um Rat fragen. Im Jahre 2020 haben sie mehr rassistische Vorfälle, als in den letzten Jahren notiert. Dies ist jedoch, wie sie sagen, positiv zu bewerten, weil es nichts darüber aussagt ob es tatsächlich zu mehr Übergriffen gekommen ist sondern, dass Menschen öfter eingeschritten sind. Wie etwa Black Lives Matter.
Link: https://www.zara.or.at/de
Change
Change ist eine Website bzw. Homepage, auf der Petitionen zu unterschiedlich gesellschaftlich wichtigen Themen bereitgelegt werden. Als die “Black Lives Matter” Welle begann, setzte sich Change stark für die Bekämpfung von Rassismus ein. Auf dem Instagram Account posten sie beispielsweise oft kleine Berichte von rassistischen Taten, die passieren. Dazu passende Petitionen gibt es auf der Homepage.
Link: change.org
Hotline gegen Diskriminierung und Intoleranz
Die im Bürgerservice des Bundeskanzleramtes verortete Hotline stellt eine Plattform zur Verfügung, wo Betroffene von Diskriminierung aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Herkunft oder Religion Vorfälle melden können. Diese werden an für sie richtige Stellen weitergeleitet, die für ihre Rechte einstehen.
Dokustelle Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus
Das Gespräch mit dem Experten hat uns gezeigt, dass rassistische Handlungen nicht nur wegen optischen Merkmalen stattfindet. Sondern auch aufgrund der Religionszugehörigkeit. Umso wichtiger ist die Beratungs- und Dokumentationsstelle für Menschen, die von Islamfeindlichkeit oder antimuslimischem Rassismus betroffen sind.
Link: https://dokustelle.at/