Kindheit und Gesellschaft III
22. — 24. Oktober 2009
Festspielhaus Bregenz (A)
Die UN-Kinderrechtskonvention (KRK) liest sich als ermutigendes Dokument einer weltbürgerlichen Absicht: Sie fasst den Traum von einer gerechten Welt, die Notwendigkeit von Schutz, Versorgung und Teilhabe für Kinder, ausbuchstabiert in 54 Artikeln. Ein Hoffnungsbekenntnis in den guten, freien Menschen: Dem Kind wird, altersgemäß, freie Mitsprache in allen es berührenden Angelegenheiten zuerkannt. (Art. 12). Bildung muss ermöglichen, das Kind „auf ein verantwortungsbewusstes Leben in einer freien Gesellschaft im Geist der Verständigung, des Friedens, der Toleranz, der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Freundschaft zwischen allen Völkern und ethnischen, nationalen und religiösen Gruppen sowie zu Ureinwohnern vorzubereiten.“ und ihm “Achtung vor der natürlichen Umwelt vermitteln.“ (Art. 29). Konsequent werden Werte ausdifferenziert, wie sie die Menschheit seit jeher als Goldene Regel der praktischen Ethik und aller Religionen fasst: „Worüber du beim Nächsten unwillig wirst, das tue selbst nicht.“ (seit Thales von Milet 600 v. Chr. in vielen Varianten). Als Voraussetzung für eine verantwortungsvolle Teilhabe erkennt die KRK: Nur ausreichender Schutz des Kindes vor den Irrtümern und Verhehrungen Erwachsener wird den jungen Menschen ethisch handeln lassen. Diese Lehre wurde nicht zuletzt gezogen aus der Erfahrung der „totalen Herrschaft“, die eine von Anfang an dem Begriff der Menschenrechte innewohnende Paradoxie kenntlich machte: Dass diese mit einem “Menschen überhaupt” rechneten, den es nirgends gab. (Hannah Arendt)
Menschen verlieren vermeintlich unveräußerliche Menschenrechte, wenn sie den Schutz sozialer Zugehörigkeit verlieren. Sie verlieren Möglichkeiten zu handeln, verantwortlich, für sich selbst und andere. Sie verlieren ihre Würde. Ihr Leben.
Und wir wissen heute: Unsere Verantwortung endet nicht an der nationalstaatlichen Grenze. Im Geist der Verständigung handeln zu können, wie von der KRK gefordert, diese Verantwortung setzt Einsicht in Gesamtzusammenhänge voraus, den Willen und die Kraft zu Erkenntnis und Wertebildung. Ein fein gesponnenes Netz gegenseitiger Einflussnahme verbindet die Lebensbedingungen von Kindern in den reichen Ländern der Welt mit jenen der armen und ärmsten Regionen.
Nicht zuletzt die Krise von Ökologie, Finanz- und Wirtschaftsstrukturen — Krisen auch der Bewertung und Wertfindung -, verdeutlichen weltweite Verbundenheit und Abhängigkeit. Zukünftige zivilisierte Existenz kann nur global und vernetzt gedacht werden, im Ausgleich von Recht, Ressourcengerechtigkeit, Solidarität, Schutz.
Bestehendes unerträgliches Leid vieler Kinder auf dieser Erde kann nicht weiter geduldet werden (vgl. Jean Ziegler); keinen einzigen Tag mehr. Vielfach bestehendes Leid, vom Menschen verursacht, ist vermeidbar. Es kann und muss vom Menschen auch behoben werden.
So radikal, so berechtigt und notwendig die Forderung, so balanciert und differenziert kann der Weg zur nachhaltigen Antwort nur sein. Rasch als vehement politisch einzufordernde Krisenintervention. Und nachhaltig als differenzierter und vielgefalteter Entwicklungsgang. „Was sich so einfach sagt, ist so einfach nicht.“ wird dem Traum von der gerechten Welt entgegengehalten. „So einfach nicht“ ? Wir halten entgegen: „Dennoch möglich.“ Die Frage gilt: Wie finden wir die Balance zwischen der Gesellschaft und dem Kind, den Bedingungen der Kindheit? Wie erreichen wir den Erwachsenen, was ermöglichen wir Kindern?
Eine Zusammenarbeit von Welt der Kinder und Vorarlberger Kinderdorf, SOS-Kinderdorf, Institut für Sozialdienste (IfS), Caritas Vorarlberg, Arbeitskreis Vorsorge- und Sozialmedizin (aks)
Dank an:
Familienreferat beim Amt der Vorarlberger Landesregierung Kinder in die Mitte, Zukunftsbüro der Vorarlberger Landesregierung, Stadt Bregenz, Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Vorarlberger Kraftwerke AG, ADA (Austrian Development Agency), Fonds Gesundes Österreich, Österreichische Gesellschaft für Politische Bildung